Dicht an dicht hat Lovecraft die Ereignisse in seinem Kurzroman Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath gereiht, die sämtlich in einem rein deskriptiven Stil dargeboten werden; der Einsatz von Dialogen fehlt fast völlig. Wunder folgt auf Wunder, Scheußlichkeit auf Scheußlichkeit und nur in gut abgewogenen Dosen sollten die Beschreibungen von urzeitlichen Begebenheiten, unvorstellbar tiefen Grüften und mehreren tausend Meter hohen Kolossal-Statuen genossen werden …
Wäre weiter nichts von Lovecraft und seinem übrigen Werk bekannt: Nach der Lektüre der Traumreise müsste man wohl den unbedingten Wunsch verspüren, mehr über den Menschen dahinter zu erfahren. So maßlos, so kraus und gewiss auch so fehlerhaft oder widersprüchlich dieses Garn ist: es verfehlt nicht, eine starke Wirkung zu entfalten. Gerade aber auch der Lovecraft-Kenner wird diesem Kurzroman seine Aufmerksamkeit nicht versagen können. Denn wie Lovecrafts übriges Hauptwerk weist auch die Traumsuche unfehlbar jene Merkmale auf, die an der Autorenschaft keinen Zweifel lassen: Kosmischer Horror, Neuengland-Lokalpatriotismus und die Schrecken der Unterwelt.
Eine Nacherzählung der Geschichte haben wir mit dem ersten Teil dieser Doppelfolge zur Traumreise veröffentlicht.
Download: Arkham Insiders Folge 152 – The Dream-Quest of Unknown Kadath/2
7. November 2020 um 22:02 Uhr
Hallo,
ihr wißt es bestimmt schon, aber der Download der Podcasts funktioniert zur Zeit nicht.
Liebe Grüße,
Louis
9. November 2020 um 23:10 Uhr
Wieder einmal sehr gelungen, Gentlemen. Danke.
Mir gefällt der Gedanke, ‚Die Traumsuche…‘ als HPLs literarische Selbstreinigung von den spirituellen Erschütterungen und Miasmen der Großstadt einzuordnen.
Auch die Intensität der Erzählung, welche durch die Umstände offenbar ja nahezu ‚unverfälscht‘ an die Öffentlichkeit kam, kann ich nur bestätigen. Ich erinnere mich, dass ich mich beim ersten Lesen (Suhrkamp-Ausgabe, irgendwann in den frühen Neunzigern) nach kurzer Zeit in einem nahezu meditativen Bilderstrom verloren habe, aus dem ich immer wieder von den monströsen Spitzen der Geschichte umso heftiger aufgeschreckt wurde. Wie aus einem gleichförmigen Traum eben, der sich schlagartig zum Albtraum wandelt.
Die mächtigste Impression blieb dabei stets jene der gigantischen, zum Leben erwachten Steingiganten, deren Bewegungen erst dadurch wahrnehmbar werden, dass die Sterne selbst hinter den urgewaltigen Silhouetten verschwinden.
Und ich bin Euch wirklich dankbar, wie schon an anderer Stelle bemerkt, dass Ihr nicht versucht, eine gekünstelte Ordnung oder Struktur in Lovecrafts Kosmos hinein zu zwingen um ihn ‚begreifbarer‘ zu machen, sondern Euch stattdessen voll auf die verstörende und verzerrte Traumlogik des Autors einlasst.
Meines Erachtens ist dies der einzige Weg, wirklich in jene Erzählungen eintauchen und sich in den meist nur angedeuteten Schrecken des kosmischen Horrors für einen kurzen, monströsen Moment verlieren zu können.