„Bezüglich der Plot-Ideen im Commonplace Book. Ich wäre extrem vorsichtig, irgendwelche davon zu verwenden – freilich kann man kein Urheberrecht auf eine Idee beanspruchen – vor allem deshalb, weil wir nicht wissen, welche Notizen original von HPL stammen und welche er einfach niedergeschrieben hat, um ein Thema festzuhalten, das er anderswo gelesen hat. Solltest du eines der letzteren benutzen, könntest du dich schnell im Konflikt mit jemandem befinden, der es schon benutzt und sich rechtlich hat schützen lassen.“
Dies schrieb August Derleth am 19. August 1961 an den jungen Ramsey Campbell – und meinte damit im Prinzip sich selbst. Denn unsere heutige Story „The Ancestor“ basiert zwar auf einer kurzen Plot-Beschreibung von Lovecraft, die dieser jedoch nach der Lektüre des Romans The Dark Chamber (1927) von Lenoard Cline (1893 – 1929) notiert hatte. Es ist nicht ganz klar, ob Derleth davon wusste oder nicht: Jedenfalls basiert seine Geschichte auf der zentralen Idee des Buch, dass sich nämlich mithilfe von Drogen und Musik das Erbgedächtnis „anzapfen“ lässt, – auf eigene Gefahr (wie man sich denken kann).
17. Februar 2025 um 23:10 Uhr
Leonard Cline war mir bisher nur ein schemenhafter Begriff. Jetzt bin ich jedoch sehr neugierig auf ‚The Dark Chamber‘.
Es war mir nicht bewusst, aber einer meiner Lieblingsfilmemacher, Ken Russell, scheint starke Inspiration aus dieser Geschichte gezogen zu haben (wohl eher als aus Derleth ‚The Ancestor‘). In seinem Film DER HÖLLENTRIP (ALTERED STATES, 1980) geht es um einen Wissenschaftler, der mit unterschiedlichen Drogen und einem Isolationstank dubiose Selbstexperimente zum Erbgedächtnis durchführt, was u.a. in einem ähnlichen Szenario gipfelt, wie bei Cline und Derleth beschrieben.
Überhaupt möchte ich diesen Film empfehlen. Er ist bestimmt nicht jedermanns Sache und polarisiert, ganz im Stil des umstrittenen Regisseurs, munter vor sich hin, aber Russell schwelgt – wie immer – in bizarren Bildern, grotesken Szenen und beschwört, bei aller Absonderlichkeit, auch Momente echten kosmischen Schreckens herauf.
Die Degeneration im Film wird dabei so dräuend vorbereitet und eskaliert schließlich in einer Weise, die im Nachhinein Derleth Geschichte in Punkto Schockeffekt gut täte, wenn man die Szenen dort hinein projizierte. Allerdings ist dies hier nicht der Climax und mehr will ich daher nicht verraten.
Wo ich gerade jedoch über Filme schwadroniere, möchte ich auch nochmal Düsseldorf ins Spiel bringen. Ich weiß gerade leider nicht mehr, ob Ihr es schon erwähnt hattet, aber im dortigen Filmmuseum findet momentan nicht nur eine kleine Sonderausstellung zum Thema ‚Nosferatu‘ statt (noch bis zum 31. März), wo neben Kostümen und Maskenteilen aus Werner Herzogs Remake auch Originalbilder von Albin Grau gezeigt werden, sondern in der Dauerausstellung finden sich zudem Schätze wie der Moloch aus Fritz Langs Metropolis, Kostüme aus Akira Kurosawas Filmen und die Untertassensektion der Enterprise D aus STAR TREK: GENERATIONS.
Und zwischen all diesen Preziosen ist dann auch plötzlich die heimgesuchte Bauernstube aus Cem Karayakas animierter Lovecraftverfikmung DIE FARBE (2018) zu bewundern. Ich möchte behaupten, es lohnt sich für den Freund des Fantastischen – und sonntags ist der Eintritt zudem frei. Ich verlinke hierzu mal im Anhang.
Ansonsten feiere ich die Erwähnung des Herrschers von Megara gerade über Gebühr und lasse auch mal den Link zu einer feinen Neuinterpretation von Christian Bruhns großartiger Titelmelodie aus den frühen Tagen von Youtube da.
Wünsche viel Spaß damit.
https://www.duesseldorf.de/filmmuseum/aktuelles-presse/detailansicht-aktuelles/newsdetail/studioausstellung-nosferatu-revisited
https://www.youtube.com/watch?v=e6koKiYF9sU
18. Februar 2025 um 09:13 Uhr
Es ist mir ein Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass der Tippfehler in ‚Lovecraftverfilmung‘ ausschließlich meiner Müdigkeit nach einem anstrengenden Arbeitstag geschuldet war, und es sich nicht um einen bedenklichen Freudschen Lapsus handelt (bei Bedarf ‚It’s called Hentai – and it’s art‘-Meme hier einfügen).
Ansonsten überquere ich die Straße wie auch Funduke nur bei Farben, bei denen HPL sich vermutlich die Fußnägel aufrollen würden, da ich eine Apokalypse durch Dagon und Cthulhu definitiv einer solchen durch Dunning und Kruger vorziehen würde.
17. Februar 2025 um 23:57 Uhr
Na toll, eine Kiffer-Story, die zeigt, wie blöd der „Legalize it“ -Gedanke ist.
Unserm Buddy HPL hätte das gefallen! 😛
Keine Macht den Drogen!
Ich gehe immer bei „Grün“ über die Ampel.
Die dunkle Brüderschaft
von Derleth und Lovecraft
(enthält Der Vorfahr = The Ancestor auf deutsch)
https://www.amazon.de/Die-dunkle-Br%C3%BCderschaft-unheimliche-Geschichten/dp/B002N7W0DI
Azathoth
von H. P. Lovecraft
(enthält das Anmerkungs- und Notizbuch. Die Stelle, die uns interessiert, befindet sich in meiner Ausgabe am Ende von Seite 274 und Anfang von Seite 275)
bei Amazon:
https://www.amazon.de/Azathoth-Vermischte-Schriften-suhrkamp-taschenbuch/dp/351838127X/
„A List of Certain Basic Underlying Horrors Effectively Used in Weird Fiction“
Findet man hier (einfach ein wenig herunterscollen):
https://hplovecraft.hu/index.php?page=library_etexts&id=525&lang=angol
Die dunkle Kammer
von Leonard Cline
bei Mazon:
https://www.amazon.de/Die-dunkle-Kammer-Leonard-Cline/dp/3935822405
Ein Artikel über „Die Dunkle Kammer“ von Leonard Cline, der auch gleich die davon inspirierten Texte von A. Derleth und C. A. Smith mit abdeckt:
„Einflüsse aus Leonard Clines Dunkler Kammer auf den Lovecraft-Zirkel“
geschrieben von „Leuchtendes Trapezoeder“ im „Lovecrafter Online“
https://www.deutschelovecraftgesellschaft.de/article/312-lovecrafter-online-einfl%C3%BCsse-aus-leonard-clines-dunkler-kammer-auf-den-lovecraft/
Leonard Cline
in der englischen wikipedia
https://en.wikipedia.org/wiki/Leonard_Cline
Englische Wikipedia-Artikel über The Dark Chamber:
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Dark_Chamber
„The Dark Chamber“
komplett auf englisch digital:
https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=uva.x000539173&view=1up&seq=7
Erwähnt wurde das Buch auch schon mal in Mirkos interview mit Gregor Schweitzer:
https://arkhaminsiders.com/blog/2022/09/04/arkham-insiders-folge-185-gregor-schweitzer-gm-factory-im-interview/
Off-topic:
Bei der Titelsuche habe ich auch noch diese Absurdität gefunden:
Trump Vs. Cthulhu
Two Small Hands. One Big Problem.
(Azathoth’s History Texts, Band 1)
https://www.amazon.de/Trump-Vs-Cthulhu-Problem-Azathoths/dp/1729279139
Ich hoffe sehr auf die kommenden Sigma 2 Foxtrot -Folgen, trage jetzt in diesem Moment tatsächlich mein S2F-Fan-T-Shirt.
Ligotti, Jack London, Conan-Stories von Howard, Cline und, und, und …
Lechz!
Freue mich auch auf die angekündigten Kopierer-Geschichten.
Lechz, Lechz! 🙂
Vielen Dank für die schöne neue Folge!
Greetings
Funduke
19. Februar 2025 um 00:29 Uhr
Hier noch ein kleiner Nachschlag:
„Herrscher von Megara“ im Captain Future Wiki
https://future.fandom.com/de/wiki/Herrscher_von_Megara
Weird Tales
in der deutschen Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Weird_Tales#Verfall_1937%E2%80%931954
Dorothy McIlwraith
in der englischen Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Dorothy_McIlwraith
Der zitierte Brief von ihr findet sich hier:
Her Letters to August Derleth: Dorothy McIlwraith
https://deepcuts.blog/2025/01/08/her-letters-to-august-derleth-dorothy-mcilwraith/
LSD
https://de.wikipedia.org/wiki/LSD
Haschisch
https://de.wikipedia.org/wiki/Haschisch
Marihuana
https://de.wikipedia.org/wiki/Marihuana
Hanf
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanf
Zum Thema „Spezielle Formen der Zeitreise“ fällt mir noch Jack Finney ein, der Autor von „Invasion of the Body-Snatcvhers“, der im Roman „Time and Again“ eine Zeitreise per Selbsthypnose beschreibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jack_Finney
Und wenn man es weit genug fasst, läßt Marcel Proust den Protagonisten von „À la recherche du temps perdu“ Erinnerungszeitreisen in seinem Kopf per Gedanken an ein bestimmtes Gebäck, die Madeleine, triggern. … Allemal besser als Kiffen!
Marcel Proust
https://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Proust
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Auf_der_Suche_nach_der_verlorenen_Zeit
In meinem Kopf kann ich überall hin und in jede Zeit reisen. Auch ohne Drogen. Ich mach mich jetzt auf in die Achtziger! 🙂
Greetings
Funduke
25. Februar 2025 um 18:10 Uhr
Hallo!
Patreon-Unterstützer von GM Factory dürfen sich seit dem 20. februar über eine deutsche Lesung von „Die Lampe des Alhazred“ freuen!
Greetings
Funduke
6. März 2025 um 10:38 Uhr
Interessante Folge. Dankeschön für die Arbeit.
Je mehr ich wieder über den Punkt des „commonplace books“ stolpere, desto öfter geistert ein Gedanke durch meinen Kopf: Man könnte mal eine Art Wettbewerb machen und den Teilnehmer:innen Auszüge aus dem Commonplace Book zulosen, die daraus eine eigene Interpretation der Notiz schreiben. Könnte interessant werden.