Aufgrund eines Eintrags aus Lovecrafts Notizbuch (Commonplace Book) aus dem Jahr 1924 schrieb August Derleth die Geschichte The Survivor (dt.: Der Nachkomme). Sie handelt von der Rückentwicklung eines Menschen der Neuzeit in ein Stadium der Amphibien und Reptilien – mit entsprechend körperlichen Auswüchsen … Die Story erschien erstmals 1954 in Weird Tales und 1957 in Buchform (The Survivor and Others) bei Arkham House.
26. August 2024 um 07:02 Uhr
Guten Morgen! 🙂
Danke für die neue Folge!
In den Kommentaren zu „Arkham Insiders Folge 206 – August Derleth in der Kritik“
https://arkhaminsiders.com/blog/2024/04/14/arkham-insiders-folge-206-august-derleth-in-der-kritik/
postete ich in meinem Kommentar vom 20. April 2024 etwas darüber, daß der SFFAudio-Podcast -Macher eine Geschichte von Derleth, „Nellie Foster“ nicht bei archive.org lesen werde (Obwohl er Gutes darüber gehört hatte) weil Derleth da Copyright verlängert hatte, was er auch belegen konnte. Ich war frustriert, weil ich folgerte, daß Derleth das Copyright aller seiner Texte verlängert habe. Das war offenbar ein Trugschluß:
Der SFFaudio -Podcast hat auf seiner Homepage eine Sammlung von Texten, in Bezug auf die die Macher des Podcasts verifiziert haben, daß sie public domain sind:
https://www.sffaudio.com/images20/pdpdfs.html
Dort kann man auch Derleth eingeben, und bekommt dann eine Trefferliste mit Texten von Derleth, die public domain sind.
„The Survivor“ gehört auch dazu:
https://nyc3.digitaloceanspaces.com/sffaudio-usa/mp3s/TheSurvivorByH.P.LovecraftAndAugustDerleth.pdf
Auf deutsch gelesen von Gregor Schweitzer (GM Factory) gibt es die Story auch, allerdings nur exclusiv für zahlende Patreon-Patrone.
https://www.patreon.com/gmfactory
https://gm-productions.at/imlogin.php?loginstatus=-3
Schweitzer liest super. Sehr zu empfehlen.
Die Patreon -exclusive Lesung der Derleth-Story dauert etwas mehr als eine Stunde.
Es gibt eine andere Lovecraft-Geschichte, auch gelesen von Schweitzer und auf seinem Youtube-Kanal kostenlos veröffentlicht, gleichfalls mit dem Titel „Der Nachkomme“, aber ca 13 Minuten lang. Das ist aber nicht Derleths „The Survivor“.
Auf englisch gelesen gibt es die Geschichte mehrfach auf Youtube, z.b. hier:
The Survivor by H P Lovecraft and August Derleth
https://www.youtube.com/watch?v=7YyMn1sMSbc
… oder hier:
„The Survivor“ – By H.P. Lovecraft and August Derleth – Narrated by Dagoth Ur
https://www.youtube.com/watch?v=55EK6Yg6YCk
Greetings
Funduke
27. August 2024 um 17:25 Uhr
Überzeugend finde ich den Gedanken, dass die Reptiloiden auf Robert E. Howard zurückgehen: in „The Shadow Kingdom“, Weird Tales August 1929, geht es wie in vielen der schönen Kull-Geschichten um Illusionen und Verschwörungen, und hier gibt es tatsächlich eine Gruppe von Echsenwesen, die menschliche Gestalt annehmen können und unerkannt unter den Menschen leben mit der Absicht, sie zu beherrschen. Und von Howard aus sind sie dann gewandert. Aber ja, pulpig sind die Reptiloiden auf jeden Fall.
28. August 2024 um 08:56 Uhr
Ich will nicht sagen, dass manche Lovecraft-Pastiches von Derleth wirken, als hätte man eine KI beauftragt, eine typische Lovecraft Geschichte zu schreiben, aber…
Diverse entliehene Namen habt Ihr ja bereits aufgezeigt, ebenso aus anderen Erzählungen bekannte Handlungsbögen, bis hin zum französischen Ursprung des Unheils (wie eben auch in ‚The shunned House‘ und ‚The Alchemist‘).
Allerdings haben diverse Derleth Geschichten bei mir ein nicht zu verachtendes, nostalgisches Ass im Ärmel. Ich habe sie nämlich damals zum ersten Mal in den von Euch bereits angesprochenen Suhrkampbänden gelesen, kaum dass ich eine zweistellige Jahreszahl erreicht hatte. Zu jener Zeit entdeckte ich Lovecraft gerade erst, war extrem günstig zu beeindrucken und besaß noch nicht das Wissen, um die Zusammenhänge der ‚postumen Kollaborationen‘ zu durchblicken.
Zwar habe ich auch damals bisweilen schon gewisse Schwankungen im Qualitätsniveau wahrgenommen, zum Beispiel gerade in dem angesprochenen ‚The dark Brotherhood‘ oder in ‚The Shadow out of Space‘ (was einem vorkommt, wie ein TL;DR zu ‚The Shadow out of Time‘), diese Diskrepanzen aber noch mit kindlicher Begeisterung weggelsen.
‚The Survivor‘ selbst drängt mir dabei Assoziationen zu William Lumleys ‚The Diary of Alonzo Typer‘ auf (auch wenn dieses Werk nicht postum zu HPL entstand).
Auch hier haben wir eine Geschichte, die aus bereits etablierten Versatzstücken besteht und eher einen etablierten Mythos nachahmt (Mischung aus ‘The lurking Fear‘ und ‚The Shadow over Innsmouth‘), als diesen zu erweitern trachtet.
Eine Lanze möchte ich dennoch für die lurchartig-amphibische Anmutung des Herrn Charriere brechen und Lovecraft selbst zitieren, der auch schon in ‚The Shadow over Innsmouth‘ die unheimlichen Wesen aus dem Meer als ‚Fisch-Frösche‘ beschrieb:
„They hopped irregularly, sometimes on two legs and sometimes on four. I was somehow glad that they had no more than four limbs. Their croaking, baying voices, clearly used for articulate speech, held all the dark shades of expression which their staring faces lacked… They were the blasphemous fish-frogs of the nameless design—living and horrible.”
Daher finde ich es durchaus legitim, wie Derleth sein reptiloides Monstrum ausschmückt (immerhin etwas Originalität), auch wenn ich vermute, dass er hier Aspekte aus ‚The nameless City‘ eingewoben hat.
A propos Reptiloide: Der Zündfunke, bzw. die Grundidee für den modernen Verschwörungsmythos scheint tatsächlich einigermaßen gesichert zu sein und auf den formwandlerischen Schlangenmenschen aus Robert E. Howards Kull-Geschichte ‚The Shadow Kingdom‘ zu beruhen (was bereits von Herrn Rau erwähnt wurde, wie ich gerade sehe).
Allerdings erblühte diese unfreiwillige Saat im wirren Konspirationsdickicht nach meinem Kenntnisstand erst nach der Erstausstrahlung der US amerikanischen TV-Science Fiction Serie ‚V‘ (in Deutschland: ‚V – Die außerirdischen Besucher kommen‘) im Jahre 1983, worin als Humanoide getarnte, außerirdische Echsenwesen die Menschheit unterwandern.
Fiktion hat bisweilen eine erstaunliche, gar fürchterliche Macht auf den streifenden Geist…
28. August 2024 um 09:26 Uhr
Hallo Leute!
Besten Dank wieder einmal für die lesenswerten, hilfreichen Kommentare. Dass REH mit seinen Kull-Geschichten den Reptiloiden-Mythos befeuert haben könnte, – wenn nicht noch mehr: das war mir neu.
Kennt jemand den Roman „Ein König am Rande der Welt“ („King of the World’s Edge“) von H. Warner Munn, erstmals 1939 in WT abgedruckt? Auch dort kommt ein Volk, oder eine „Rasse“, von amphibisch lebenden Geschöpfen vor … das erschien mir bei meiner damaligen Lektüre wie eine Reverenz an die Innsmouth-Leute.
Axel
28. August 2024 um 11:22 Uhr
Moin Axel
Von Munns Büchern habe ich gehört, aber bisher nicht gelesen.
Kommt auf die Liste, sobald ich mich durch Robin Bailes erste vier Bände der Universal-Bibliothek geschmökert habe.
Was den ungewollten Einfluss Robert E. Howards auf den modernen Reptiloiden-Mythos angeht, so ist dieser wohl eine fundierte Theorie, welche von dem amerikanischen Politikwissenschaftler Professor Michael Barkun formuliert wird.
Insbesondere der Aspekt, dass die Schlangenmenschen in Howards Erzählungen ihre Gestalt ändern können, sich als Menschen tarnend die herrschende Klasse infiltrieren, ja sogar Könige ersetzen, ist so oder so ähnlich ein grundlegender Topos der Verschwörungsfantasie.
Geschichten wie ‚The Shadow over Innsmouth‘ oder auch ‚The Survivor‘ dürften eventuell noch literarische Brückenköpfe darstellen, bis das ganze dann via vorgenanntem modernem Massenmedium auch in der marodierenden Pseudoideologie z.B. eines David Icke Fuß fasste und dort nun ‚altmodischere‘ Verschwörungen ganzer Völkerscharen ersetzt. Oder als notdürftiger Tarnbegriff für diese dient.
Aber auch etwas Angenehmeres zu dem Thema: Im Wikipedia-Artikel zu ‚Reptiloide‘ werde ich gerade daran erinnert, dass auch die Schlangenmenschen aus dem Film ‚Der Zauberbogen‘ einen Zweig dieses kruden Stammbaums bilden.
Dieser Pilot einer nie realisierten TV-Serie war ein Kultfilm, wohl nicht nur meiner Jugend (u.a. Kandidat beim ZDF Wunschfilm, wer kennt es noch?). Das schreit nach einer Neusichtung. Zum Glück habe ich ihn auf DVD.