Die Falle (The Trap) handelt von einem Spiegel, den ein Schwarzmagier im 17. Jahrhundert in Kopenhagen verfertigte, um so Unsterblichkeit zu erlangen. Das Zauberglas dient gleichzeitig als Falltür zur 4. Dimension. In der Funktion saugt der Spiegel einen Schüler des 20. Jahrhunderts ein und hält ihn in der Spiegelwelt gefangen. Von dort kommuniziert der Junge telepathisch mit seinem Lehrer, der einen Plan ersinnt, um den Jungen aus seinem Gefängnis zu befreien.
Das ist der Handlungskern dieser interessanten Geschichte, die Zauberei mit moderner Wissenschaft verquickt und erstmals im März 1932 in dem Pulpmagazin Strange Tales of Mystery and Terror erschien. Verschiedene Orte, die hier erwähnt werden – Dänemark, die Jungferninseln, Connecticut –, lassen sich klar Henry S. Whitehead (1882 – 1932) zuweisen. Hatte doch dieser Geistliche (er war Erzdiakon der Episkopalkirche) selbst einige Jahre in der Karibik verbracht und ebenso in Connecticut gelebt. Zentrale Inhalte sowie gewisse Passagen lassen sich stilistisch Lovecraft zuordnen, der die Geschichte, freilich ohne namentlich genannt zu werden, entscheidend überarbeitete.
23. Oktober 2022 um 17:49 Uhr
* Englischer Originaltext *
The Trap
By H. P. Lovecraft
with Henry S. Whitehead
https://www.hplovecraft.com/writings/texts/fiction/trap.aspx
* GM-Factory *
Henry S. Whitehead & H. P. Lovecraft
„Die Falle“
Gelesen von Gregor Schweitzer
https://www.youtube.com/watch?v=d-wH6XbEEwM
* Titania-Medien *
Nach Anmeldung bei Spotify kann man sich die Gruselkabinett-Fassung dort auch kostenlos anhören.
https://open.spotify.com/album/1EICsqUcoE33qzz8agSePe
Warum es noch einen Markt für Hörprodukte gibt, bzw. inwiefern sich deren Produktion angesichts von so etwas wie Spotify überhaupt lohnt, ist mir nicht klar.
Besser ist es sicherlich, für den Hörgenuss zu bezahlen, um sicher zu stellen, dass es auch weiterhin tolle Hörspielfassungen von tollen Stories gibt:
https://lnk.to/diefalle
Greetings
Funduke
24. Oktober 2022 um 01:08 Uhr
Jetzt habt Ihr mich kalt erwischt!
Ich weiß zwar um die Kollaboration zwischen H.S. Whitehead und H.P. Lovecraft in ‚Bothon‘, worin auch immerhin ein Hauch von Cthulhu-Mythos vorkommt, und ich kenne auch die hier vorliegende Erzählung. Aber eine Beteiligung des alten Neuengländers an ‚Die Falle‘ war mir bisher völlig unbekannt und nie hätte ich diese Novelle mit ihm in Verbindung gebracht.
Und daran merke ich auch schmerzhaft, wie geistig vernagelt, ja ignorant man sein kann, wenn einem der Name des eigenen Lieblingsautoren nicht direkt unter dem Titel serviert wird, denn ohne Eure Analyse wären mir die lovecraftschen Texturen wohl weiterhin entgangen.
Chapeau!
Die Parallele zu ‚Der Hügel‘, so knapp sie auch sein mag, springt einen ja nahezu an, wenn man drauf achtet. Allerdings will ich für weitere Bezüge meinen Nacken mal wieder ungesund weit verdrehen und – wie schon so oft – in Richtung des guten M.R. James schielen. Vielleicht war Dänemark seinerzeit ja tatsächlich weniger für kreative Noppensteine und mehr für notorische Schwarzmagier bekannt, aber unwillkürlich denke ich an den Viborger Magister Nicolas Francken, der in der Kurzgeschichte ‚Number 13‘ zwar nicht hinter einem Spiegel vierdimensionale Unsterblichkeit erlangt, sich aber immerhin auf ewig in einem eigenen Hotelzimmer jenseits von Raum und Zeit herumtreibt, nur um nächtens seine wechselnden Nachbarn zu erschrecken.
Ich könnte mir vorstellen, dass wenigstens einer der beiden Autoren von ‚Die Falle‘, zumal Ihr ja selbst bemerktet, dass die Einleitung der Geschichte stark an M.R. James erinnert, sich hier zumindest ein wenig hat inspirieren lassen oder dem großen Vorbild Hommage bezeigen wollte.
Noch ein Werk aus dem Wust der fantastischen Spiegelmythen, in welchem ich Parallelen erkennen möchte, wobei dann allerdings die Geschichte Whiteheads die Vorbildfunktion einnähme ist ‚Die drei ??? und der Zauberspiegel‘ (The Secret of the haunted Mirror) von M.V. Carey, worin das namensgebende Boudoirmöbel angeblich einem Magier namens Chiavo nicht nur für mystische Zukunftsvorhersagen, sondern schließlich auch als Tor in die Anderswelt diente, aus welcher er nun immer wieder grimmig hervor äugt, um den jeweiligen Besitzer heimzusuchen.
Magischer Spiegel, Schulkinder, sogar eine Entführung kommen vor. Ich möchte fast sagen: Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.
Und wenn schon mal über Black und Death Metal geschnackt wird, möchte ich einfach mal die ein oder andere Band mit starkem Lovecraftbezug verlinken, hoffend, dass ich das nicht schon früher getan habe und mich mittlerweile wiederhole.
Zuerst ‚The Vision Bleak‘, ein Projekt des von mir hochgeschätzten Markus Stock (aka Ulf Theodor Schwadorf), der dessen Stil selbst als Horror Metal bezeichnet und mit herrlich pulpigem Pathos schaurige Folklore, das fantastische Kino und nicht zuletzt die Horrorliteratur zelebriert:
https://www.youtube.com/watch?v=xG_LR2TcOXM
https://www.youtube.com/watch?v=vEy_Nvzffss
https://www.youtube.com/watch?v=MvVAuKyVxrY
https://www.youtube.com/watch?v=IOIeAh6ZK0A
Hernach die deutsche Death Metal Band ‚Sulphur Aeon‘, die ihr ganzes Werk dem kosmischen Horror des Neuengländers gewidmet haben:
https://www.youtube.com/watch?v=ZXI6-u5uyjQ&list=OLAK5uy_nHx190oAYYgpon53d8cwR86h57Dvpan68&index=2
https://www.youtube.com/watch?v=BvjNLgYcDYs&list=OLAK5uy_lkROVrRRm1V1j5uJo950t29JpXSLKJfQE&index=2
https://www.youtube.com/watch?v=6kJQL34SQn0&list=OLAK5uy_kdc55Va6pkgoHDeK8RHqzwNIucs_Q6Tj0&index=2
Zuletzt die tragischerweise leider nicht mehr existenten ‚Eternal Dirge‘, ebenfalls aus Deutschland, die sich bereits in den Neunzigern durch die Abgründe zwischen den Sternen bolzten:
https://www.youtube.com/watch?v=aeofMC-kHOo&t=914s
https://www.youtube.com/watch?v=UfBhRCHTJPI&t=535s
Abschließend möchte ich mich nochmals dafür bedanken, dass Ihr mich mit dieser Besprechung aus eklatanter Unwissenheit erlöst habt und ich bin sehr froh, dass Ihr weiterhin Pläne für die Zukunft dieses Podcasts schmiedet. Insbesondere die Derleth-Reihe wird bestimmt großartig werden.
24. Oktober 2022 um 10:34 Uhr
Etwas Reales, was mir gerade noch einfällt, und was eventuell Einfluss auf die vorliegende Kurzgeschichte gehabt haben könnte, ist der Spiegel des Doktor Dee.
Jene schillernde Figur, Mathematiker, Okkultist, sowie ‚Hofmagier‘ und Astrologe Königin Elizabeth I. war zumindest Lovecraft definitiv gegenwärtig, ließ er ihn ja die englische Übersetzung des Necronomicon angefertigt haben.
John Dee benutzte für seine Zukunftsschau angeblich einen Spiegel, ein aztekisches Kultobjekt aus spiegelnd poliertem Obsidian in der Form eines runden Handspiegels mit einem Durchmesser von 18,4 cm. Dieses gelangte in den späten 1520er Jahren nach Europa. 1771 wurde das Artefakt von Horace Walpole erworben, der es dann auch zum ersten Mal mit John Dee in Verbindung brachte, obwohl dieser es in seinen eigenen Aufzeichnungen nie erwähnte.
Dennoch wird das Stück, neben anderen magischen Utensilien Dees, im British Museum ausgestellt und könnte beiden Autoren durchaus bekannt gewesen sein.
Die Parallelen zum ursprünglichen ‚Glas des Loki‘ sind, wie ich finde, einigermaßen tragfähig.
30. Oktober 2022 um 20:00 Uhr
Inzwischen habe ich mir angewöhnt, die Erzählungen vorweg zu lesen und anschließend eure Anmerkungen, Kommentare und Einschätzung im Podcast anzuhören. Der gediegene Beginn, die wirklich abstruse Reaktion der Eltern des Jungen, das überaus intelligente Setting dieser parallelen Welt … genau so habe ich diese Geschichte auch gelesen. Und diese Welt, ihr habt es ja deutlich gemacht, geht einem wirklich nach und grad deshalb ist ›The Trap‹ eine wirklich tolle Erzählung. Lediglich der Schluss (genauer: der letzte Absatz) hat mich sehr gestört, da er auf mich auf eine Art »rangeklatscht« wirkte.
Und ja, ganz richtig: Man kann nicht immer nur Proust lesen. 😉
31. Oktober 2022 um 18:11 Uhr
Hallo Lena,
„Und ja, ganz richtig: Man kann nicht immer nur Proust lesen.“
Genau – ab und zu muss man zu Arno Schmidt und Wilhelm Raabe greifen.