„Die beliebteste Geschichte in der Januar-Ausgabe, das zeigen die Leserbriefe und Bewertungen, war die äußert fremdartige Geschichte namens „The Scarlet Citadel“ von Robert E. Howard. Sie erhielt mehr als doppelt so viele Stimmen wie die unmittelbare Mitbewerberin.“
Dieses Zitat stammt aus der März-Ausgabe 1933 der Zeitschrift Weird Tales – es zeigt, wie sehr Robert E. Howard es zu dem Zeitpunkt bereits verstand, den Nerv der Leserschaft zu treffen. Nicht umsonst trägt er gemeinsam mit H. P. Lovecraft und Clark Ashton Smith den Titel The Three Musketeers of Weird Tales.
The Scarlet Citadel (Die scharlachrote Zitadelle) ist eine schmissige Mischung aus gruseligem Nervenkitzel, politischer Intrige sowie blutigem Kampfgetümmel. Offenbar ließ sich Howard hierzu von den Ritterromanen eines Arthur Conan Doyle inspirieren. Und auch der schon genannte Clark Ashton Smith findet im Podcast Erwähnung … genug der vielen Worte: viel Spaß mit diesem Podcast!
7. Februar 2022 um 17:56 Uhr
Man muss den Gegensatz zwischen den Protagonisten H. P. Lovecrafts und Robert E. Howards einfach immer wieder genießen.
Lovecraft: „Ich bin dem Unnennbaren begegnet, all dem Schrecken, welchen der Kosmos für uns bereit hält. Nun verschlingt der Wahnsinn meinen Geist, ich werde von unaussprechlichen Entitäten und ihren Dienern verfolgt und sobald ich alles aufgeschrieben habe, bringe mich um.“
Howard: „Bah, was war das Vieh ekelhaft. Besser nicht weiter drüber nachdenken. Und wenn seine verstörten Verehrer mir komisch kommen, dann werden sie einen verdammt miesen Nachmittag haben.“
Welche Hymnen oder Lobgesänge auf den Autoren und seinen berühmtesten Helden soll man noch anstimmen, die Ihr nicht schon abgesungen hättet?
Vielleicht dass er einer der wenigen Dichter ist, welche den grimmigen Humor und das stoische Schulterzucken verstanden haben und in die Gegenwart zu übertragen wissen, mit welchem die Helden der alten Sagen und Mythen ihrem Schicksal gegenübertreten, egal ob Beowulf, Cú Chulainn oder Achilles.
Auf jeden Fall bin ich Euch sehr dankbar, dass Ihr auf der literarischen Tiefe des Werks Robert E. Howards beharrt und dies verteidigt, z.B. gegen die überhebliche Kritik der 80er Jahre, welche nach dem epochalen John Milius Film nicht nur der literarischen Figur alle Facetten jenseits des tumben Haudraufs absprach, sondern dies auch gleich noch süffisant auf den Darsteller ausweitete. Man fragt sich, wie viel stummer Neid da Manchem die Feder geführt haben mag…
Robert E. Howards Helden, egal ob nun Conan, Kull, Bran Mak Morn oder Solomon Kane, sind eben nicht die chauvinistischen Übermenschenfantasien, die oft in ihnen gesehen werden. Es sind einsame Charaktere, denen das Schicksal eine Bürde angetragen hat, welche sie, jeder auf seine Weise, angenommen haben.
Bran zum Beispiel führt, als letzter der Edlen seines Volkes, die Pikten in den unvermeidlichen Niedergang, wie der Kapitän eines sinkenden Schlachtschiffs, der weiß, dass er damit untergehen wird, dabei aber so viele Gegner wie möglich mitnehmen will.
Kane ist der letzte, unverrückbare Außenposten, der zwischen der Menschheit und den Mächten des Bösen steht. Er fragt nach nichts, verlangt nichts für sich, sondern heißt jede Härte, jede schmerzhafte Prüfung willkommen, und sieht darin genug Bestätigung und Belohnung seiner eigenen Existenz.
Und schließlich Conan, der sich nach oben kämpft, der tatsächlich aktiv dem Schicksal seine Rolle als König abringt, auf diesem langen Weg viel erduldet, erlebt und lernt, aber nie vergisst, wer er zuvor war und der die Last der väterlichen Verantwortung, die er seinem Volk gegenüber hat, bei vollem Bewußtsein und mit bisweilen allzu menschlicher Grantigkeit schultert.
Auch wenn der Pathos bei Howard immer wieder mächtig aufwallt, so sind seine Protagonisten selbst kaum pathetisch sondern vielmehr pragmatische Spielernaturen, die mit grimmiger Freude jeden Gegner annehmen, den ihnen eine gnadenlose Vorsehung entgegen wirft.
Ihr Ziel ist es nicht, den Sieg zu feiern und den darauf folgenden Frieden zu genießen. Ihr Leben ist der Kampf selbst, der Sieg nur eine Selbstverständlichkeit, weil die einzige Alternative Tod und Vergessen ist, und die deswegen von Schlacht zu Schlacht eilen um ihre Aufgabe zu erfüllen, mehr Naturgewalt als Mensch.
Umso mehr Gewicht hat es daher, wenn Conan sich vor etwas fürchtet oder zurückschreckt, wie zum Beispiel Magie oder bestimmten Wesenheiten (in dieser Geschichte oder z.B. auch in ‚Der Gott in der Urne‘), weil der Leser, der diesen überlebensgroßen Koloss bis dahin auf seinen Reisen begleitet hat genau weiß: Wenn dem Cimmerier ein Schauer der Furcht den Rücken herab rieselt dann ist das der Moment, in dem Lovecrafts Protagonisten vor Angst bereits wahnsinnig werden oder direkt tot umfallen. Man spürt, es stehen jetzt nicht nur die Nerven eines Mannes auf dem Spiel, sondern Reiche, Kontinente, ganze Welten taumeln für einen Augenblick am kosmischen Abgrund des Verderbens.
Das ist für mich die Gravitas, das Alleinstellungsmerkmal Howards und seiner Geschichten, was ihn zu seiner eigenen Legende macht. Er ist kein einsamer überragender Berg, wie J. R. R. Tolkien, der im Gebirge der Fantasy in den Himmel strebt, die schneebedeckten Flanken strahlend im Sonnenschein gereckt.
Robert E. Howard ist der gedrungene, im Nebel brütende Monolith. Ein breites, karges Massiv, aus dem die Stürme der Äonen alles herausgewittert haben, was einstmals sanft und nachsichtig war und in dessen düsteren Klüften und karstigen Spalten nun namenlose Schatten tanzen.
PS
Um auch noch einmal die Rolle Arthur Conan Doyles jenseits von Sherlock Holmes zu unterstreichen, falls noch nicht an anderer Stelle genannt: Mit ‚Das Manuskript aus den Wolken (The Horror of the Height)‘ und ‚Der Schrecken aus der Tiefe (The Terror of Blue John Gap)‘ bietet uns der alte Gentleman gut genährten Grusel, der sich durchaus bereits in die Höhen des kosmischen Schreckens aufschwingt.