Es lässt sich, um mit W. Paul Cook zu sprechen, nicht mehr eindeutig feststellen, welchen Umfang Lovecrafts Werk wirklich hat. Neben vielen von ihm selbst zerstörten Entwürfen, entsorgten oder verschollenen Notizbüchern sowie den vielen vernichteten Briefen kann niemand die Anzahl und den Umfang der von Lovecraft als Ghostwriter verfassten Erzählungen zuverlässig benennen. Für August Derleth gehören die bekannten Revisionen in den Werkkanon, denn sie beinhalten die grundlegenden Aspekte ihres Verfassers, auch wenn dieser nicht namentlich auftritt. Kosmischer Horror, innovative Wesen und Geschehnisse, die dichte Atmosphäre und die für Lovecraft typische Darstellung der Protagonisten als „erschrockene Erzähler“ finden sich überall in den nachweisbaren Erzählungen, die Lovecraft als Ghostwriter verfasst hat. Gleichzeitig weisen viele andere Texte, deren Autorenschaft Lovecraft immerhin zugerechnet werden kann, ebenfalls diese Merkmale auf. Donald Tyson betont, dass sich Lovecraft den Werken, die er als nicht genannter Autor schrieb, stets mit der gleichen Mühe widmete, wie er es bei seinen eigenen tat.
Mit diesem spannenden Thema leiten wir die 3. Staffel der Arkham Insiders ein. Es erscheint ja nur folgerichtig, dass wir nach unseren bisherigen biografischen und literarischen Studien – immer eng an der Person Lovecrafts – den Blick ausweiten. In diesem Podcast treffen wir daher viele bekannte Namen und kommen auf die eine oder andere Story zu sprechen, die erst durch Lovecrafts Mitarbeit ins rechte Licht gerückt wurde. In den folgenden Episoden werden wir dann die sogenannten Kollaborationen besprechen.
27. September 2021 um 15:52 Uhr
Schön zu wissen, daß ich mit dem Genie aus Providence immerhin etwas gemein habe – auch wenn es nur der Umstand ist, ein miserabler Geschäftsmann zu sein.
Mit den Kollaborationen kommen nach meiner Einschätzung einige Geniestreiche, manch Ärgernis und eventuell sogar bisweilen unfreiwillig Komisches auf uns zu. Bin daher immens gespannt auf Eure Analysen und Erkenntnisse. Und vielleicht gar manche Neuentdeckung.
Zudem habe ich den Antiquar meines Vertrauens nun auf Anne Tillerys ‚Well Bred Speech‘ angespitzt. Besten Dank für diesen Tip.
11. Oktober 2021 um 13:27 Uhr
Hallo Insider!
Aktuell findet sich in der Presse die Nachricht, eine KI (Künstliche Intelligenz) habe Beethovens unvollendete Symphonie vollendet. Ganz so simple war es zwar im Detail bei näherer Betrachtung dann doch nicht, aber die Analyse von künstlerischen Eigenarten durch eine Rechenanlage ist doch schon recht weit fortgeschritten, ist die Quintessenz.
Sollen wir uns also der Utopie hingeben, daß in recht absehbarer Zukunft eine KI einen Text analysieren kann, ob er mit der Wahrscheinlichkeit X von H. P. Lovecraft geschrieben wurde? Ich denke ja. Was denkt Ihr?
Grüße
Michael
http://www.michaeltillmann.de
12. Oktober 2021 um 09:32 Uhr
Hallo Michael,
eine interessante Frage, die ich grundsätzlich bejahen würde. Lovecraft hatte bekanntlich eine Vorliebe für ganz bestimmte Wörter; sicherlich lassen sich weitere Charakteristiken bezüglich Satzaufbau, Satzlänge usw. feststellen. Was Handlungen und Figuren angeht, so hat er nicht unbedingt Wert auf möglichst große Bandbreiten gelegt … alles spricht also dafür, dass eine Textanalyse in der Richtung recht zuverlässig sein könnte. Wie wir noch bei den folgenden Stories, die er geghostwritet hat, sehen werden …
Viele Grüße
Axel