The Book (Das Buch) ist ein kleiner aber feiner Text, den Lovecraft ca. 1933/1934 verfasst hat. Es handelt sich um eine Prosa-Ausführung der ersten drei Sonette seines Zyklus Fungi from Yuggoth. So weit, so gut. Doch abgesehen von dieser offensichtlichen Tatsache bietet dieser Fragment gebliebene Text viele Anknüpfungspunkt an Lovecrafts eigenes Werk und die Werke anderer. Die Arkham Insiders jedenfalls lassen ihren Assoziationen freien Lauf und können dem titelgebenden Buch – und dem, wofür es steht – eine ganze Menge abgewinnen.
Shownotes
- Nighttrain/Whitetrain: Fungi from Yuggoth in einer deutschen Übertragung von Michael Perkampus (Die Sporen von Yuggoth)
- YouTube: Das Buch gelesen von GM Factory
27. Juni 2021 um 22:38 Uhr
Bisher kannte ich noch jede Geschichte die ihr vorstellt, aber hiermit habt ihr mich erwischt. Noch nie von dieser gehört, da bin ich ja mal gespannt.
29. Juni 2021 um 09:40 Uhr
Ich schließe mich Raphael an, ich hatte dieses kleine Geschichtchen nicht auf dem Schirm.
Eine schöne Folge über eine reizvolle kleine Erzählung, die – das habt ihr ja weidlich genutzt – zur literarischen Plauderei einlädt. Gerade weil Lovecraft hier mit bewährten Zutaten spielt. Joshis grobe Kelle muss man bei aller Gewichtigkeit ab und an doch einfach mal ignorieren.
30. Juni 2021 um 14:47 Uhr
Ich schließe mich dem Chor der bis dato in Unkenntnis Verharrenden an, welche nach Eurem Bericht diese Bildungslücke sofort schließen mussten. Und ich bin noch ganz im Taumel ob dieser ‚Entdeckung‘.
‚The Book‘ ist ein wunderbar funkelnder Obsidiansplitter, der viele Szenarien vereint, welche so oder ähnlich bereits in anderen Geschichten Lovecrafts vorkamen – oder sich hier ankündigen.
Die Beschreibung der Stadt am öligen Fluß, welche an den frankophilen Moloch aus ‚Die Musik des Erich Zann‘ oder den verwinkelten Unterleib Bostons aus ‚Pickmans Modell‘ erinnert.
Die unfassbaren Dimensionswanderungen jenseits von Raum und Zeit, wie in ‚Träume im Hexenhaus‘ oder im kommenden ‚Der Schatten aus der Zeit‘.
Verzerrte Perspektiven, Gedächtnis- und Persönlichkeitsverlust, Auflösung der Realität und der einsame Blick auf das Unsichtbare…
Ungeachtet dessen, was auch immer S. T. Joshi geritten haben mag: Dieses Fragment ist fast schon eine alchemistische Essenz lovecraftscher Atmosphäre und Topoi. Eigentlich sollte ‚The Book‘ jedem seiner Bücher, jeder Kurzgeschichtensammlung quasi als Präambel voran stehen, um den Leser im gleichen Moment zu warnen und zu verführen.
Denn wie ihr schon selbst so treffend feststellt ist dieser Text auch eine perfekte Analogie auf jenen Effekt, welche gewisse Bücher auf einen empfindsamen Geist haben können, wenn diese beiden Elemente sich zur rechten Zeit und in der richtigen Stimmung vereinen.
Lovecrafts Werke selbst hatten solch einen Effekt auf mich, als ich sie zum ersten Mal in sehr jungen Jahren las.
Noch nicht einmal in der Lage, alles zu begreifen, womit ich hier konfrontiert wurde, schlossen sie mir den Geist auf, öffneten die Wahrnehmung für ungefilterte Eindrücke jenseits gängiger Begriffe und Strukturen der kosmischen Ordnung. Mehr als einmal haben manche der Erzählungen bei mir damals echte Gefühle von Angst oder erdrückender Nichtigkeit der eigenen Existenz im Angesicht einer teilnahmslosen Unendlichkeit ausgelöst.
Und man kann wohl wenigstens metaphorisch sagen, dass mit diesen Geschichten, diesen überbordenden Vorstellungen von äonentiefen Abgründen und heulender, interstellarer Leere tatsächlich Etwas ‚von außen‘ mit in den eigenen, ungeschützten Geist kriecht, Etwas, dass die Vorstellungskraft nur halbgeformt erfassen kann, und was von da an immer in der äußersten Ecke der eigenen Wahrnehmung kauert und wispert, wie ein schattenhafter Familiar.