The Dreams in the Witch House (Träume im Hexenhaus) ist eine Geschichte, welche die Gemüter spaltet. Die Lovecraft-Forschung übt teilweise vernichtende Kritik, während die Fanbase seit jeher ein Faible für das krude Garn hat. Die Arkham Insiders stehen wohl irgendwo mittendrin …
Wir sprechen einige der Kritikpunkte an, machen aber auch keinen Hehl daraus, dass wir die Story unterm Strich durchaus schätzen. Und kein Zweifel besteht daran, dass Lovecraft mit dem teuflischen Rattenwesen Brown Jenkin einen faszinierenden Bösewicht geschaffen hat.
Wie immer sind wir interessiert an eurer Einschätzung. Was meint ihr? The Dreams in the Witch House – Top oder Flop?
16. Mai 2021 um 22:04 Uhr
Von mir bekommt Lovecraft hier trotz berechtigter Kritik einen Daumen nach oben.
Es ist zwar schon so, dass Lovecraft hier objektiv (Sprache & Narrativ) keine Glanzstunde hatte, insofern kann man Joshis Analyse wenig entgegensetzen (danke für die Zerstörung der Pedanten, die auf dem Kreuz herumreiten. Ich stimme hier Axel zu: Wen juckts?). Trotzdem macht die Story aber einfach Laune! Sie ist zügig, sie ist bisweilen gruselig (das Haus!), es gibt Hyperraum-Kämpfe und düstere Gassen,; was will man mehr, wenn einem danach ist? Lovecraft war kein typischer Pulp-Hack, viele seiner Geschichten haben ein hohes Niveau, aber mit „Dreams in the Witch-House“ zeigt er uns, dass er auch mal den Kopf ausschalten und auf die Tube drücken kann.
Ich habe die Geschichte immer als einen Versuch Lovecrafts betrachtet, ein Mash-Up aus Cosmicism und klassisch-schauerlicher Folklore. Und dann noch ein Rattenmonster! Wer wirklich meint, diese Elemente würden hier keinen Spaß machen, der ist vielleicht mal wieder einer systematischen Lesart auf den Leim gegangen, die der Lovecraft-Kanon eh nicht hergibt.
Von mir gibt es mindestens 7/10 eklektischen Betbrüdern.
18. Mai 2021 um 21:00 Uhr
Stimme Nils vollkommen zu. Ich finde das Wesen des Brown Jenkin ist eine geniale Abnormität im Bereich des Grusels, der nachzueifern ist.
27. Juni 2021 um 14:32 Uhr
Hallo!
Das Kreuz mit seinem Winkelsystem steht für die euklidische Geometrie. Es stört die Anwendung nicht-euklidischer „Magie“, da dort das Parallelenaxiom nicht gilt.
Grüße
Michael
http://www.michaeltillmann.de
1. Juli 2021 um 11:55 Uhr
Ich bin zugegebenermaßen spät dran, aber mich erinnert ein großer Teil der Geschichte an Goethes Faust. Könnt ihr die Parallelen auch sehen und hat Lovecraft Goethe gelesen? Würde mich überraschen wenn nicht ehrlich gesagt.
1. Juli 2021 um 12:30 Uhr
Lovecraft hatte jedenfalls Bücher von Goethe, in englisch/amerikanischer Übersetzung, darunter auch den Faust. Ehrlich gesagt sehe ich keine sofort ins Auge stechende Parallele – welche Aspekte meinst du denn?
Viele Grüße Axel
1. Juli 2021 um 23:57 Uhr
Der häufig von Lovecraft benutzte Charakter des Studenten/Akademiker der trotz Wissensdrang und kindlicher Neugier dem Leben überdrüßig ist und in „fremde Gefilde“ fahren möchte beziehungsweise dazu gezwungen wird wie zum Beispiel in Träume im Hexenhaus oder Der Leuchtende Trapezoeder oder Berge des Wahsinns oder Schatten aus der Zeit erinnern mich stark an Faustus.
:'“Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum-
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.“
Das Verhältnis von Nyarlathotep zu der Hexe und später dann auch zum Protagonisten erinnert mich etwas an Mephisto.
Mephisto nimmt Faust in eine Hexenküche und gibt ihm da einen Zaubertrank (auch häufig von Lovecraft benutzt Hypnos, Ex Oblivione, der silberne Schlüssel, Celephaïs, Träume im Hexenhaus, Traumsuche nach dem unbekannten Kaddath usw). Die Walpurgisnacht, besser gesagt der Walpurgisnachtstraum spielt eine wichtige Rolle im ersten Teil von Faust. Dort wird ein Kind ertränkt, bei Lovecraft erstochen.
Grüße
4. Juli 2021 um 11:01 Uhr
Hallo Raphael,
Ich denke, sowohl Goethe als auch Lovecraft benutzten einfach die selben Archetypen. Die Angst, eine gebildete Person könnte sich verbotenes und gefährliches Wissen aneignen und zum „Kinderfresser“ werden, ist so alt wie die Menschheit.
Grüße
Michael
http://www.michaeltillmann.de.