Um Aufschluss über das Leben in der ehemals tropischen bis gemäßigten Zone der Antarktis zu gewinnen, bricht im September 1930 eine Expedition in die Südpolar-Region auf. Geleitet wird das Unternehmen von William Dyer, welchem Wissenschaftler und Studenten verschiedener Disziplinen zur Seite stehen. Dyer selbst, der uns die Geschichte erzählt, ist Professor für Geologie an der Universität von Arkham.
So stellt sich die Ausgangssituation zu einem der eindrucksvollsten Texte Lovecrafts dar: At the Mountains of Madness (Berge des Wahnsinns oder auch: An den Bergen des Wahnsinns) Mit Sinn für die Wahl eines geeigneten Schauplatzes gelingt es Lovecraft, die lebensfeindliche Eisregion der Antarktis zum Leben zu erwecken. Ehrfurcherweckend sind zudem die erdgeschichtlichen Dimensionen, in denen das Geschehen angesiedelt ist und die die menschliche Vorstellungskraft bis an ihre Grenzen bringen. Gleichzeitig setzt Lovecraft auf vertraute Elemente, zum Beispiel das unvermeidliche Necronomicon oder das immerwährende Vorbild Edgar Allan Poe, welchem hier mit dem Roman Die denkwürdigen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym Tribut gezollt wird.
Alles in allem: genug Stoff, um sich in einem gut 1-stündigen Podcast auszutauschen …
5. April 2021 um 15:54 Uhr
Um dem Aufruf in der Folge zu folgen: Definitiv eine meiner Lieblingsgeschichten! Wenn man Lovecrafts spezielle Mischung aus Weird und Sci-Fi mag und dazu dem Abenteuerroman nicht abhold ist, so muss man die „Berge des Wahnsinns“ einfach lieben.
Ich warne allerdings sehr davor, Spenglers Kulturphilosophie als empirische Tatsachenwissenschaft darzustellen. „Zivilisation“ und „Dekadenz“ sind keine analytischen Begriffe, sondern interpretative Konstrukte, die immer schon einen normativen Schwung hatten und bis heute – Samuel Huntington und Neue Rechte lassen grüßen – als diskursive Kampfbegriffe genutzt werden. So reizvoll (und natürlich machbar) eine spenglerianische Lesart hier auch ist, gilt es doch, diesen wichtigen Unterschied nicht aus dem Blick zu verlieren. Zu Mommsen kann ich nichts sagen, aber gerade einen Edward Gibbon hier in die Reihe zu stellen, ist grundfalsch. In „The History of the Decline and Fall of the Roman Empire“ geht es ausdrücklich nicht um eine Dekadenz-Diagnose, sondern um eine multifaktorale Niedergangsursachenanalyse. Gibbon arbeitet dabei sehr quellenlastig und gilt zu Recht als Pionier einer empirischen Geschichtswissenschaft und ist bis heute in Grenzen relevant; Spengler ist eine Randnotiz der Ideengeschichte mit politisch durchaus problematischen Implikationen.
3. Mai 2021 um 11:47 Uhr
Ja, es ist eine der besten Geschichten HPLs. Aber dennoch nicht meine liebste.
Die polare Stimmung ist großartig eingefangen, das Setting fernab von Neuengland extrem ungewöhnlich für Lovecraft, der Aufbau der Story geradlinig aber spannend und fesselnd.
Jedoch erklärt sie mir zu viel, ist mir zu sehr Science Fiction. Sicher, der kosmische Schrecken bleibt in den unbegreiflichen zeitlichen Abgründen, welche hier überbrückt werden, erhalten. Aber alles wird auf Außerirdische und Wissenschaft reduziert und ist – zumindest in der heutigen Zeit und Entwicklung – tatsächlich geistig zu verarbeiten.
Mir fehlt hier der ‚unfassbare Faktor‘ des Mythischen, das ‚Außerreale‘, welches sich in Geschichten wie‘ Dunwich Horror‘, ‚Träume im Hexenhaus‘. ‚Ruf des Cthulhu‘ und ‚Schatten über Innsmouth‘ in einer Art Mischung aus Cosmic und Folk Horror äußert und nicht nur an der persönlichen Vorstellung des Protagonisten von der Wirklichkeit nagt, sondern die objektive Realität selber zerfrisst, bis sie keinerlei Halt mehr gibt.
Diese Geschichten mögen weniger erwachsen oder entwickelt sein, als Lovecrafts Spätwerk, weisen aber dafür eine atmosphärische und erzählerische Dichte auf, welche mich persönlich einfach mehr fesselt und auf einer tieferen, emotionalen Ebene beeindruckt.