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Der Abschluss unseres 3teiligen Lord Dunsany-Specials. Wie und wann lernte Lovecraft Dunsanys Werk kennen, und welche Auswirkungen hatte dies auf sein eigenes Schaffen? Wir werfen einen Blick auf die entsprechenden Geschichten und ziehen Lovecrafts eigene Äußerungen sowie die seiner Zeitgenossen zu Rate. Nicht zuletzt betrachten wir die Aussagen der Lovecraft-Forschung zum Thema.
Download: Arkham Insiders Folge 34 – Lovecraft und Lord Dunsany Teil 3
Shownotes
- Ankündigung des Vortrags von Lord Dunsany im Copley-Plaza Hotel, 1919
The Harvard Crimson: Lord Dunsany at the Copley-Plaza - Main Lobby des Copley-Plaza Hotel in Boston, ca. 1920er Jahre
Arkham Insiders: Copley Plaza Hotel - Die Prä-Dunsany Erzählung „Polaris“
hplovecraft.com: Polaris - Dresden Porcelain
Wikipedia Dresden Porcelain - „Azathoth“
hplovecraft.com: Azathoth - Lord Dunsany „The wonderful window“
sff.net: The wonderful window
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29. Oktober 2014 um 19:04 Uhr
„The Street“ als von Dunsany-inspirierte Geschichte kann ich nachvollziehen bzw. mir vorstellen. Aber als Teil des Traumlande-Zyklus? Hab ich mich da verhört und das falsch interpretiert?
Ansonsten hübsche Anekdoten und Zitate bezüglich Lovecrafts Begegnungen mit Dunsany. 🙂 Freue mich, bald wieder in der Biografie voranzuschreiten. ^^
Beste Grüße
Blackdiablo
3. November 2014 um 18:03 Uhr
Vielen Dank. Die Beschäftigung mit Dunsany war auch für mich ein kleiner nostalgischer Ausflug in die Frühzeit meiner Beschäftigung mit Lovecraft.
Dunsany-inspiriert ist nicht gleich Bestandteil der Traumlande, da muss man unterscheiden-
„The Street“ ist nicht Teil der Traumlande Geschichten. Inspiriert durch eine Dunsaynische Erzählhaltung ist sie allerdings schon. „Am Rand der Gezeiten“ z.B. kann man als eine Art Quelle für „The Street“ sehen, was die Erzählperspektive angeht. Auch dort wird das Vergehen der Zeit thematisiert, allerdings erzählt von einem Toten, der im Schlamm der Themse vergraben wurde und dessen „Bewußtsein“ dort bleibt. Bei „The Street“ wird das Vergehen der Zeit und die Entwicklung und Veränderung der Straße erzählt. Das Ende von „The Street“ ist natürlich eine erzähltechnischer Fauxpas. Die patriotischen Häuser töten die Terroristen! Herrje!
Aber die Vision der Bäume und Gärten, die von Zeugen gesehen worden sind, haben einen sehr starken Dunsanybezug. Viele von Lovecrafts Erzählungen haben diese Bezüge, die aber nicht explizit auf die Traumlande verweisen. Es sind da mehr Haltungen, Perspektiven, Ideen und Plots, die Lovecraft übernimmt und für seine Zwecke umbaut. Obwohl es zwischen „Cthulhu-Mythos“ und Traumlande-Zyklus mehrere Überschneidungen gibt, stammt die Melange von Dunsany und die individuelle Ausformulierung von Lovecraft. Beiden gemeinsam ist, dass sie zwar eine Art Pantheon erfunden haben, aber beide gehen sehr frei und nicht stringend damit um, sondern wie es ihnen beliebt.
Lovecrafts Dunsany Lektüre bringt immer wieder Ideen hervor, einzelne Sätze oder verwandte Strukturen. Die vermischen sich dann mit anderen Ideen, Träumen und Entwürfen und schon haben wir einen Dunsany Einfluss auf völlig anderer Ebene, denen manchmal nur schwer auf die Spur zu kommen ist. Manchmal verwischen diese Spuren auch gänzlich und selbst Lovecraft könnte nicht mehr hundertprozentig sagen, welche Quellen er im einzelnen ausgeschöpft hat.
Etwas völlig anderes, aber ebenfalls hochinteressantes ist die Erzählung „Die Stadt“ von Hermann Hesse. Die ist wohl später entstanden, aber von der Erzählperspektive ähnlich.
4. November 2014 um 01:19 Uhr
Wenn du gerade ähnliche Formulierungen ansprichst, muss ich zugeben, dass mich euer Satz über die sich bewegenden Felsen, der in einer vorherigen Dunsany-Folge erwähnt wurde, extrem an einen Satz aus „Gefangen bei den Pharaonen“ erinnert hat, den ich leider nicht genau parat habe. Ich meine die Stelle, in der die Prozessionen der zerstückelten Mumien vorüberziehen und der Protagonist ihre Abnormitäten beschreibt: „Nilpferde sollten keine Hände besitzen“ usw. Wenn auch nicht im Sujet, dafür jedoch in der Formulierung verblüffend ähnlich. Und wie ihr an der Stelle gesagt habt, scheint es das Prinzip von etwas zu sein, was nicht sein darf, welches Lovecraft sich entliehen, erweitert und zentralisiert hat.
4. November 2014 um 08:11 Uhr
Ja, was nicht sein darf, darum geht es. Gerade die Rolle des erschütterten aber gleichzeitig faszinierten Chronisten hat Lovecraft selten jemand nachmachen können. Ungemein dicht und gelungen in der Hinsicht ist ja „The Festival“.
„Obwohl es mir gefiel, hätte ich es mehr genossen, hätte es Fußabdrücke im Schnee […] gegeben.“ Später noch einmal: „Ich war nicht mit allem, was ich ringsherum sah, einverstanden, […]“
Häufig nimmt bei Lovecraft der Erzähler die Rolle einer ethischen Instanz ein. Dieser analytische, bewertende Tonfall — wo andere schon längst fassungslos und schreiend das Weite gesucht hätten! — ist typisch. Und so endet schließlich auch „The Fest“ mit jenem Paukenschlag aus dem Necronomicon: „[…] und Dinge haben das Gehen gelernt, die kriechen sollten.“
Was bei Dunsany wohl nur einer von vielen Einfällen war, wurde bei Lovecraft fast schon zu einem Schlüssel-Aspekt, wenn man so will. Denn eine solche Sichtweise läßt sich natürlich gut mit seinem Interesse an kosmischen Fragen in Verbindung bringen. Die Chronisten werden bis an die äußersten Grenzen ihres Verstandes gepeitscht. Wenn dann der Wissens- und Erfahrungshorizont überschritten ist — bleibt nur noch der Wahnsinn!
1. Dezember 2014 um 09:47 Uhr
So, habe nun alle drei Dunsany-Folgen gehört und bin schwer begeistert! Ihr macht einem echt Lust, sich mit diesem Autor zu beschäftigen – wenn es doch bloß mehr von ihm auf deutsch gäbe! Habe auf jeden Fall beschlossen, „Das Land des Yann“ irgendwo aufzutreiben.
Kann mich einigen der Kommentatoren nur anschließen, dass das schillernde Leben Dunsanys eine gute Basis für einen eigenen Podcast wäre – könnt ihr ja in Angriff nehmen, wenn ihr mit Lovecrafts Biographie + sämtliche Geschichten durch seid ^^
Fand die Folgen ganz und gar nicht trocken, ihr habt immer wieder wunderbare Anekdoten eingewebt. Ganz großartig fand ich die Schilderung der Dunsany-Lesung, bei der Lovecraft als Fanboy Nr. 1 in der ersten Reihe saß 🙂
Auch ich hoffe, dass Dunsany wieder dem Vergessen entrissen wird, vielleicht ist ja sein 60. Todestag 2017 ein Anlass für Neuveröffentlichungen?
Gibt es eigentlich filmische Adaptionen von Dunsany-Geschichten?
1. Dezember 2014 um 09:50 Uhr
Hallo Erik,
schön zu hören, vielen Dank.
Film: https://en.wikipedia.org/wiki/Dean_Spanley
Vielleicht machen wir auf S2F auch mal etwas über Dunsany, who knows …