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Wir unterhalten uns heute über Lovecrafts Philosophie in den 1920er Jahren. Er hat von sich selbst gesagt, ein Materialist zu sein und diese Einstellung hat sich in den ersten 30 Jahren seines Lebens geformt und findet in dieser Zeit ihre ersten klaren Züge. Er festigt seine lockeren Ansichten und beginnt, klare Formulierungen zu finden und sie zunächst in Briefen und Essays, später ließ er seine philosophischen Ansichten in seine Erzählungen einfließen.
Download: Arkham Insiders Folge 28 – Lovecrafts Philosophie Teil 1
Shownotes
- Materialismus in der Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Materialismus - Laplacescher Dämon in der Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Laplacescher_D%C3%A4mon
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10. August 2014 um 18:56 Uhr
Ah Philosophie! Sehr interessant. Ich bin schon gespannt auf Teil 2. ^^
Wieder mal aufschlussreich und gelehrsam! 🙂
Gruß
Blackdiablo
11. August 2014 um 07:55 Uhr
Dieser Teil hat Spaß gemacht, auch wenn’s nicht ganz einfach war … ist sehr bedeutend für „Lovecrafts Horror-Verständnis“.
Gruß
Axel
15. August 2014 um 18:34 Uhr
Was Lovecraft zu Camus „Der Fremde“ gesagt hätte, wäre sicher interessant 😉 angesichts seines gespannten Verhältnisses zu seiner Mutter
Hattet ihr eigentlich schon erwähnt wie er zu Freud stand?
16. August 2014 um 13:46 Uhr
Das mit dem Camus hätte mich auch außerordentlich interessiert. ^^ Wobei ich nicht weiß, ob Parallelen bei „Der Fremde“ im Vergleich zu seinem Sohn-Mutter-Verhältnis wirklich gegeben sind. In ersterem geht es schließlich eher um Teilnahmslosigkeit und Desinteresse in deren Beziehung seitens des Sohnes, was von der Gesellschaft nicht toleriert wird, und im Falle Lovecrafts beinahe eine Art obsessive Liebe seitens seiner Mutter (uvm.). Fast also schon antithetisch. 🙂
Wie er zu Freud stand, wurde, glaube ich, hin und wieder schon erwähnt. Er hielt nichts von seinen Theorien, kannte sie aber durchaus. Oder vertue ich mich?
26. August 2014 um 12:38 Uhr
Hallo Erik,
Lovecraft und Freud, das ist ein interessantes und gleichzeitig schwieriges Thema. Freud war ein Zeitgenosse Lovecrafts und in einem Brief aus dem Mai 1921 scheint HPL noch nicht ganz sicher zu sein, was er von ihm halten soll, gesteht ihm aber Bedeutung zu. Doch Freuds Thesen waren aktuell und wurden auf der Höhe der Zeit diskutiert. HPL war kein Freund von Freuds Traumdeutung, die er in weiten Bereichen ablehnte und nannte seine Symbolik „puerile symbolism“ (Beyond the Wall of Sleep). Manchmal ist ein Bleistift eben nur ein Bleistift. Bisweilen äußerte er sich sogar abfällig über Freud. Da weder Freuds noch Einsteins Thesen zu dieser Zeit (um 1920) weitgehend bewiesen werden konnten, sah HPL sie trotzdem als diskussionswürdig an und verwarf sie nicht grundsätzlich, denn entgegen des Einsiedlermythos war HPL neuen Theorien sehr aufgeschlossen und informierte sich über sie, was Niederschlag in vielen seiner Geschichten fand (z.B. in „Träume im Hexenhaus“ 🙂 u.a.)
Er erwähnt Freud in “Beyond the Walls of Sleep” und in “From Beyond”. In den Briefen an Adolphe de Castro (mit dem HPL “The Electric Executioner” schrieb) und in Briefen an Henry S. Whitehead werden Freuds Ideen diskutiert. Der Blogger Fred von dem großartigen Blog „Lovecraftian Science“ weist darauf hin, dass in den frühen Erzählungen mehrfach auf Freuds Thesen zugegriffen wird, in den späteren nicht mehr. Fred erklärt das damit, dass in den frühen Erzählungen oftmals Träume vorkommen, später hingegen kaum noch. Interessant ist in dem Zusammenhang, dass HPL aber auch in den späteren Erzählungen immer wieder eigenes Traummaterial verwendet.
HPL verwirft nicht die Thesen, befürwortet sie aber auch nicht vorbehaltlos, aber er sagt klar, dass Freuds Thesen dem idealistischen Denken in der Wissenschaft ein Ende setzen. Dieser Punkt war für HPL sehr wichtig, denn ob er Freuds Symbolik akzeptierte oder nicht, die Methodik erschien ihm sinnvoll. Der Weg in die Seele durch Materialismus zu erklären war ihm genehm, die Interpretation der Symbolik, die oftmals auf sexuelle Inhalte abzielte, lehnte er ab.
Fred zitiert HPL: „We may not like to accept Freud, but I fear we shall have to do so.” Ich stimme mit Fred überein, dass diese Briefzeile HPLs Verhältnis zu Freud am besten beschreibt.