The Colour out of Space zählt zu den Erzählungen, die Lovecraft selbst am höchsten einschätzte: das vielsagende Urteil eines Autors, der für seine Selbstzweifel- und Kritik bekannt war. Man kann die Story aber wirklich drehen und wenden, wie man will – es fällt schwer, etwas Nachteiliges über sie zu sagen. Sie ist von angenehmer Länge, interessant aufgebaut (ein ursprünglich neutraler Erzähler, der selbst zum Beteiligten wird) und entwirft sehr beeindruckend die Vorstellung einer kosmischen Fremdartigkeit.
Wie Mirko richtig anmerkt, legen wir damit den 4. Podcast vor, der sich dieses Meisterwerks widmet. In der Folge Nr. 16 unterhielten wir uns über Huan Vus Film Die Farbe, bevor wir in Podcast Nr. 17 den Regisseur selbst zum Interview baten. Und im 60. Arkham-Insiders-Podcast sprachen Daniel Neugebauer und Axel mit Andreas Hartung über seine illustrativ-musikalische Adaption von “Die Farbe aus dem All”.
Download: Arkham Insiders Folge 155 – The Colour out of Space
13. Dezember 2020 um 18:04
Danke für die neue Episode.
Die Farbe aus dem All war, soweit ich mich erinnere, meine erste Geschichte von Lovecraft. Vor Allem finde ich die Stimmung überragend.
Den Film von Huan Vu habe ich gesehen und hat die Story ganz gut adaptiert; den neuen kann ich mir wohl sparen.
Gruß Etienne
20. Dezember 2020 um 18:19
‘Deprimierend’ ist das Wort. Das wahre Grauen der Geschichte ist diese niederdrückende Hoffnungslosigkeit, das Ausgeliefertsein der Menschen, wie auch der gesamten Natur um sie herum, gegenüber einer abstrakten, unfasslichen Bedrohung, welches sich schleichend auch auf den Leser überträgt.
Ich würde soweit gehen, es jene Lovecraft-Geschichte zu nennen, in welcher der Leser die innigste und intimste Verbundenheit zu den handelnden Personen und ihrem Niedergang aufbauen kann und deswegen nicht nur beobachtet, sondern tatsächlich mitleidet – im wahrsten Sinne des Wortes.
Es sind keine prätentiösen Sonderlinge oder hypersensiblen Gelehrten, die hier mit einem eventuell sogar selbst heraufbeschworenem Schrecken konfrontiert werden (und darüber dann auch gerne mal den Verstand verlieren). Es sind einfache Menschen, Bauern, Landvolk, Männer, Frauen und Kinder, die bar jeden tieferen Verständnisses, rein zufällig in den kosmischen Abgrund stolpern und statt in Wahnsinn in eine hoffnungslose Apathie und dumpfe Schicksalsergebenheit verfallen.
Daher empfinde ich auch die Verfilmung von Huan Vu als sehr gelungen, da sie sich mehr auf den Aufbau eben dieser Atmosphäre konzentriert und das Werk nicht in überbordenden Effekten erstickt.
Aber der Film, welcher die Grundstimmung und die Gravitation von ‘Die Farbe aus dem All’ am Besten reflektiert, ohne überhaupt etwas mit der Geschichte zu tun zu haben, ist meiner Meinung nach der britische Zeichentrickfilm ‘Wenn der Wind weht’ von 1986, worin ein naives aber liebenswertes Rentnerehepaar auf dem Lande einen atomaren Erstschlag überlebt und dann zusehen muss, wie seine kleine Welt von den Folgen der Strahlung zerfressen wird. Und in Agonie muss man mit ansehen, wie die alten Leutchen versuchen, ihren gewohnten Alltag mit seinen kleinen Ritualen aufrecht zu erhalten, sich einredend, das bald schon alles wieder besser werden würde, während es sie gnadenlos dahinrafft. Ist der Horror in dieser Vision auch menschengemacht, so sind der psychische Effekt und die beschriebenen Auswirkungen doch nahezu dieselben und es würde mich nicht wundern, wenn Autor Raymond Briggs Lovecrafts Geschichte mindestens kannte, als er sein Werk verfasste.
Die neue Verfilmung mit Cage sehe ich zwiegespalten. Ich mag sie, aber eher als popkulturelles Kuriosum, denn als Lovecraft-Adaption.
Von der Umsetzung und der Optik her ist der Film mehr Carpenters ‘The Thing’ ähnlich, als der namensgebenden Geschichte und balanciert die ganze Zeit auf einer unterliegenden Metaebene aus den, auch von Euch zum Teil schon genannten Zitaten und Verweisen. Am Besten gefiel mir hier noch die Verwendung von Simons ‘Necronomicon’, wie man es auch auf Amadingens bestellen kann, als paradoxe Selbstreferenz. Dennoch bremsen solche Insider, bei allem Charme, die eigentliche Stimmung eher aus, wie ich finde und machen das eigentliche Grauen zunichte.
Ich glaube, am meisten an dem Film freut mich, dass Richard Stanley wieder als Regiesseur zurückgekehrt ist, der mit unterbewerteten Independent Perlen wie ‘M.A.R.K. 13 – Hardware’ und ‘Dust Devil’ bei mir ein eigenes Kämmerlein im Cineastenherz inne hat.
Eine Adaption durch Titanias Gruselkabinett gibt es übrigens auch, ich möchte sie aber nur bedingt empfehlen, da man hier, wie auch in der Interpretation von Robert E. Howards ‘Der schwarze Stein’, völlig unangebracht wieder Cthulhu mindestens namentlich hineinprügelt hat. Schade eigentlich, aber heutzutage wird Lovecraft bekanntermaßen im Mainstream ja nur noch auf Tentakelmonster reduziert.